Die Kreativität der Kommunen nach neuen Einnahmemöglichkeiten scheint unbegrenzt.
„Spielen macht süchtig. Deshalb brauchen wir eine Steuer, um diese Sucht zu bekämpfen!“ So hört man es Land auf, Land ab seit einigen Jahren immer wieder, wenn es darum geht, private Glücksspielanbieter noch ein wenig mehr zu schröpfen. Das große Thema der letzten Zeit war sicherlich die Vergnügungssteuer auf Geldspielautomaten. Wie schon hier berichtet hat die Kanzlei Benesch Winkler hier bereits Verfassungsbeschwerden erhoben.
Der neuste Wurf, was kommunale Steuern betrifft, ist nun aber die sogenannte Wettbürosteuer. Diese erfasst solche Wettbüros, in denen eine Live-Verfolgung der Sportereignisse (über Live-Quoten) möglich ist. Wettannahmestellen ohne solche Übertragung werden dagegen (oft) nicht erfasst. Die zu zahlende Steuer wird dabei regelmäßig entweder anhand des Umsatzes des Büros ermittelt oder anhand der Quadratmeterzahl.
Wie die Vergnügungssteuer ist allerdings auch dieser Versuch der Kommunen, Geld in die leeren Kassen zu spülen, rechtlich mehr als kritisch zu bewerten. Zum einen ergibt sich hier wiederum die Frage, ob sich die Steuer tatsächlich auf den Spieler abwälzen lässt. Dieser ist schließlich derjenige, der den finanziellen Aufwand betreibt und somit das notwendige Ziel einer jeden Aufwandsteuer.
Auch unter Gleichheitsgesichtspunkte ist eine wie oben beschrieben gestaltete Wettbürosteuer hoch problematisch. Es ist schlicht kaum zu erklären, weshalb die Verfolgung von Live-Quoten eine Relevanz für den erbrachten finanziellen Wettaufwand des Spielers haben soll. Dieser erbringt aus wirtschaftlicher Sicht den exakt selben Aufwand unabhängig davon, ob er seine Wette nun in einem Wettbüro mit Live-Quoten oder einer Wettannahmestelle ohne solche platziert. Der betriebene finanzielle Aufwand ist jedoch der wohl wichtigste Anknüpfungspunk für die Rechtmäßigkeit einer Aufwandsteuer.
Tatsächlich dürfte der Grund für diese willkürliche Trennung hier wieder einmal in den protektionistischen Bestrebungen liegen, den staatlichen Anbietern einen Vorteil am Markt zu verschaffen. Dies ließ sich jüngst wieder – in der momentan hängenden – Vergabe der Sportwettlizenzen erkennen, bei welchen der staatliche Anbieter Oddset selbstverständlich eine solche Konzession erhalten hat, die größten Konkurrenten dagegen keine. Müssen nun die bestehenden Wettbüros größere Teile ihres Gewinns als Wettbürosteuer abführen, so steigt möglicherweise wieder die Attraktivität der Wettannahmestellen und damit die Attraktivität von Oddset.
Sehr bedenklich ist des Weiteren die Ermittlung der Berechnungsgrundlage. Bei einer Gewinnausschüttung von zum Teil an die 90% führt auch eine geringe Besteuerung des Nettoumsatzes zu massiven Gewinneinschnitten, so dass der Nettoumsatz als Grundlage überhaupt keinen brauchbaren Rahmen für die Steuererhebung bieten kann. Auf der anderen Seite steht die Bemessung anhand der Quadratmeterzahl des Wettbüros in keiner Beziehung mehr zum Vergnügungsaufwand des Spielers. Hier lässt sich eine bedenkliche Vergleichbarkeit mit dem – höchstgerichtlich schon lange gekippten – Stückzahlmaßstab für Geldspielautomaten erkennen.
Zuletzt ist auch die Zukunft dieser Art von Steuer in höchstem Maße unsicher. Sollte endlich im Rahmen des „Experimentiermodells“ den ersten Wettbüros Lizenzen erteilt werden, so würde eine lenkend eingreifende Wettbürosteuer, mit welcher die Ausbreitung von Spielsucht bekämpft werden soll, eben diesem Modell entgegenlaufen. Als höherrangiges Recht muss hier aber die Regelung des Glücksspielstaatsvertrags vorgehen.
Insgesamt lässt sich in der Erhebung der Steuer erneut die klare Tendenz der Kommunen erkennen, ihre leeren Kassen durch immer neue Steuern zu füllen – außerhalb des Glücksspielsektors sei hier nur an die Bettensteuer oder die Prostitutionssteuer zu denken. Aber gerade im Glücksspielbereich scheint es den Kommunen besonders leicht zu fallen, die offiziell so ungeliebten Einrichtungen bis an den Rand der Wirtschaftlichkeit mit Steuern zu belasten. Vielleicht macht ja auch Steuererhebung süchtig. Ob dagegen eine Steuer helfen würde?