Wir hatten in diesem Blog bereits vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass immer mehr Gemeinden dazu übergehen, eine Vergnügungssteuer auch für Wettbüros, in welchen Sportereignisse live übertragen werden, zu verlangen. Gegen die Zulässigkeit einer solchen Steuer haben wir erhebliche Bedenken angeführt. Das VG Karlsruhe (Urt. v. 24.04.2015 – 6 K 1514/13, 6 K 1515/13, 6 K 1532/13) hatte nun die Gelegenheit, sich mit eben solch einer Steuer auseinander zu setzen.
In diesem Verfahren wurde in der Vergnügungssteuersatzung für Wettbüros, in denen an Bildschirmen Wettereignisse übertragen werden, eine Steuer veranschlagt, welche sich nach der Quadratmeterzahl der Räumlichkeiten richtet. Gegen die auf dieser Satzung basierenden Bescheide hatte sich die Klägerin gewendet.
Das VG Karlsruhe sah den Vortrag der Klägerin als begründet an. Im Urteil wird ausgeführt: Die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten könne nicht als tauglich Rechtsgrundlage für die geforderte Vergnügungssteuer gesehen werden, da diese Steuer keine Aufwandsteuer mehr darstelle.
Eine Aufwandsteuer besteuert den von einer Person betriebenen besonderen finanziellen Aufwand. Die Betreibung eines solchen Aufwands lässt regelmäßig eine gesteigerte finanzielle Leistungsfähigkeit vermuten. Hierin wird gemeinhin die Berechtigung gesehen, den Aufwandbetreiber mit einer weiteren Besteuerung zu belasten – kann er sich den besonderen finanziellen Aufwand leisten, so kann er auch etwas für die Allgemeinheit zahlen.
Nun muss nicht in jedem Fall der Aufwandbetreiber die Steuer unmittelbar an die zuständige Stelle entrichten. Oft wird der Anbieter als Steuerschuldner herangezogen, der dann den Betrag vom Aufwandbetreiber einholen muss. Unter Juristen ist die Frage, ob dies möglich ist, unter dem Begriff der „Abwälzbarkeit“ bekannt.
In den Urteilsgründen stellt das Gericht zu Recht fest, dass die Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen – abwälzbaren – Aufwandsteuer nun die Entgeltlichkeit der Aufwandbetreibung ist. Bei Unentgeltlichkeit kann schlicht keine besondere finanzielle Leistungsfähigkeit vermutet werden. Auch besteht für den Anbieter bei Unentgeltlichkeit keinerlei Möglichkeit, die Steuer auf den Aufwandbetreiber abzuwälzen. Dieser zahlt schließlich nicht für sein Vergnügen.
Das Ausstrahlen der Wettereignisse geschieht nun aber – wie das Gericht richtig anmerkt – völlig unentgeltlich. Für die bloße Ausstrahlung werden keinerlei Zahlungen von den anwesenden Personen verlangt. Die Größe der Grundfläche mag zwar dazu führen, dass die Wetter länger in den Räumlichkeiten verweilen und in diesem Rahmen auch möglicher Weise weitere Wetteinsätze abgeben. Die Besteuerung dieses Ausstrahlens unter Abstellen auf die Raumgröße besteuert aber im Ergebnis keinen Aufwand, sondern ein unternehmerisches Konzept. Es wird somit allein die Gewinnchance des Bertreibers mit der Steuer belastet, weswegen die Steuer als Unternehmensbesteuerung zu bewerten ist. Hierfür fehlt der Beklagten jedoch die Kompetenz.
Das Urteil ist noch nicht rechtkräftig,; das Gericht hat die Berufung zugelassen.
Die Entscheidung des VG Karlsruhe ist nicht nur zu begrüßen, ihr ist auch rechtlich ohne Einschränkung zuzustimmen. Die Kommunen haben in den letzten Jahren Ihre Steuersetzungskompetenz über die Vorgabe, eine Aufwandsteuer zu erheben, immer weiter ausgedehnt, so dass nach aktueller Rechtsprechung faktisch jede Steuer mit der entsprechenden Begründung als Aufwandsteuer bezeichnet werden konnte. Dies ist schon allein aus Achtung der grundgesetzlichen Kompetenzordnung nicht zu akzeptieren. Das vorliegende Urteil zeigt nun erstmals wieder eine Grenze für die Kommunen auf. Diese haben den Begriff der Aufwandsteuer ernst zu nehmen.
Es kann nur gehofft werden, dass weitere Gerichte sich der Rechtsprechung des VG Karlsruhes anschließen und der aktuelle Trend zur grenzenlosen Kompetenz der Kommunen endlich wieder etwas eingedämmt wird.
Für die Anbieter von Sportwettbüros zeigt das Urteil, dass es sich lohnen kann, die für sie anwendbaren Vergnügungssteuersatzungen überprüfen zu lassen und gegebenenfalls dagegen vorzugehen. Die Kanzlei Benesch Winkler Rechtsanwaltspartnerschaft mbH steht Ihnen hier gerne für eine diesbezügliche Beratung zur Verfügung.