Das Thema „Vergnügungssteuer auf Geldspielgeräte“ beschäftigt schon seit längerer Zeit die Behörden und Gerichte. Allein die Kanzlei Benesch, Winkler führt diesbezüglich über 70 Verfahren im gesamten Bundesgebiet. Wir stellen in diesen Verfahren vermehrt fest, dass sich mit dem Vortrag der Kläger oft nicht hinreichend beschäftigt und auf (nicht selten unpassende) Textbausteine zurückgegriffen wird. In drei der Verfahren wurde auch daher nun jeweils von der Kanzlei Benesch Winkler betreute Verfassungsbeschwerden eingelegt. Unter anderem stützen diese sich auf die fehlende Normkompetenz der Gemeinden zum Erlass einer solchen Steuer.
Die Gemeinden nutzen als Grundlage ihrer Argumentation Art. 105 Abs. 2a GG (Grundgesetz), wonach die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern haben. Diese Befugnis haben die Länder über ihre jeweiligen Kommunalabgabengesetzte (KAG) zu bestimmten Teilen auf die Gemeinden übertragen – in Baden-Württemberg z.B. über § 9 Abs. 4 KAG.
Damit hierdurch die Gemeinden tatsächlich ermächtigt werden, eine Vergnügungssteuer zu erheben, muss es sich bei dieser Steuerart zunächst einmal entweder um eine Verbrauch- oder um eine Aufwandsteuer handeln. Vorliegend kommt nur eine sogenannte Aufwandsteuer in Betracht. Hierunter versteht man eine Steuer, welche die Betreibung eines besonderen Aufwands besteuert, da diese Aufwandsbetreibung eine besondere persönliche Leistungsfähigkeit des Aufwandbetreibers vermuten lässt.
Bezüglich der Vergnügungssteuer wird häufig von Seiten der Kommunen vorgetragen, es werde der Spieler besteuert, der durch das Spielen an den Automaten einen Vergnügungsaufwand betreibe. Nach dem VGH Baden-Württemberg ist dies sogar so eindeutig, dass er dies bloß in einem Satz feststellte, was im Hinblick auf die beachtlichen Zweifel, die hiergegen vorgetragen werden, doch etwas überraschen dürfte.
Die Vergnügungssteuer wird nämlich als eine sogenannte „indirekte Steuer“ erhoben; Steuerträger (Spieler) und Steuerschuldner (Automatenaufsteller) sind nicht identisch. Dies ist grundsätzlich ein zulässiges Modell, man denke nur an die Mehrwertsteuer. Wählt man aber ein solches Modell, so muss darauf geachtet werden, immer noch den Aufwandbetreiber (also den Spieler) als tatsächlichen Träger der Steuer zu erhalten. Macht man den Automatenaufsteller zum Träger, so wird kein Aufwandmehr besteuert und die Kompetenz für die Gemeinden fehlt.
Diese Frage wird allgemein unter dem Schlagwort der „Abwälzbarkeit“ oder der „Umwälzung“ diskutiert. Der Steuerschuldner muss die Steuer auf den Steuerträger abwälzen können. Bei derart strikten gesetzlichen Rahmen wie sie für die Automatenaufsteller gelten ist diese Abwälzung aber geradezu utopisch. Über die Spielverordnung wird geregelt, wie groß eine Spielhalle sein muss, wie viel Gewinn ein Automat generieren darf etc. Zudem werden die Preise für ein Spiel von den quasi als Monopol agierenden wenigen großen Automatenherstellern diktiert. Die Aufsteller haben keinerlei Möglichkeit, hier selbst regelnd tätig zu werden.
Die Gerichte haben dieses Problem wohl erkannt, wenn sie ausweichend auf eine angebliche „kalkulatorische Abwälzbarkeit“ abstellen. Abwälzbar sei eine Steuer auch dann, wenn der Steuerschuldner durch Einsparungen an anderen Stellen einen Verlust vermeiden könne. Unabhängig davon, dass dies aufgrund der dargestellten Gesetzeslage und der sowieso schon hart kalkulierten laufenden Kosten tatsächlich gar nicht möglich ist, sollte diese Interpretation doch zumindest für kräftiges Stirnrunzeln sorgen. Besonders deutlich wird die Fragwürdigkeit dieser Figur, wenn man sie wie das OVG Nordrhein-Westfalen interpretiert: Abwälzbar ist eine Steuer solange wie sie den Steuerschuldner nicht erdrosselt! Warum eine Steuer, die einen Steuerschuldner nur fast in die Insolvenz treibt (so ist schließlich diese Rechtsprechung zu deuten), aber tatsächlich von einer anderen Person (in diesem Fall dem Spieler) getragen werden soll, ist nicht zu begreifen.
Tatsächlich wird die Vergnügungssteuer ganz bewusst von den Gemeinden dazu genutzt, um sich ein schönes Stück vom finanziellen Kuchen eines angeblich so „unerwünschten“ Gewerbes abzuschneiden. Der Spieler steht zu keiner Zeit im Fokus der Steuer. Schaut man sich nur kursorisch verschiedene Vergnügungssteuersatzungen an, so wird man das Wort „Spieler“ oder ähnliches nur in den seltensten Fällen finden.
Es kann nicht sein, dass hier in der Praxis eine Steuergebungskompetenz begründet wird, die sich klar außerhalb der gesetzlichen Vorgaben bewegt. Von daher ist zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht diesem Treiben endlich einen Riegel vorschiebt. Wir werden an dieser Stelle über die weiteren Entwicklungen berichten.