Heute wurde die Pressemitteilung des am 17. Juni 2014 vom Staatsgerichtshof Baden-Württemberg gefällten und lang erwarteten Urteil zum Landesglücksspielgesetz veröffentlicht. Wir hatten bereits hier über die mündliche Verhandlung am 28.04.2014 vor dem Staatsgerichtshof berichtet (siehe Beitrag), bei welcher über fünf Verfassungsbeschwerden von Spielhallenbetreibern mündlich verhandelt wurde.
Der Staatsgerichtshof hat den Verfassungsbeschwerden zum Teil stattgegeben und ansonsten teilweise als unzulässig und zum Teil als unbegründet zurückgewiesen.
Im Urteil des Staatsgerichtshofs wurde festgestellt, dass die in §§ 29 Abs. 4 Satz 2, 3 Glücksspieländerungsstaatsvertrag und § 51 Abs. 4 Satz 1, 2 LGlüG BW enthaltene Übergangsregelung insofern nicht mit der Landesverfassung vereinbar ist, als dass auf den vom Landesgesetzgeber vorgegebenen Stichtag zum 28. Oktober 2011 abgestellt wurde. Dies genüge nicht der Eigentumsgarantie und des Vertrauensschutzes. Zwar seien grundsätzlich die einjährige und die fünfjährige Übergangsfrist rechtmäßig, allerdings kommt es nach dem Staatsgerichtshof darauf an, ob Investitionen vor oder nach dem 18. November 2011 getätigt wurden, da an diesem Tage der von der Ministerpräsidentenkonferenz erstellte Entwurf in einer Landesdrucksache veröffentlicht wurde. Das Land Baden-Württemberg wurde verpflichtet bis 31. Dezember 2015 eine verfassungskonforme Rechtslage für Baden-Württemberg herzustellen. Dies könne dazu führen, dass Baden-Württemberg den Glücksspielstaatsvertrag kündigen muss, sofern keine einvernehmliche Änderung möglich ist..
Ebenfalls verstößt der Termin zur Stellung des Folgeantrages im Frühjahr 2017 (für die Zeit nach dem 30. Juni 2017) gegen die Berufsfreiheit der konkurrierenden Spielhallenbetreiber und ist somit ebenfalls verfassungswidrig. Auch diesbezüglich muss der Landesgesetzgeber bis Ende 2015 eine neue Regelung treffen. Dies betrifft die Problematik, wann über die Folgeanträge entschieden werden muss. Das Gericht hat zu Recht bemängelt, dass es nicht sein kann, dass ein Spielhallenbetreiber erst 2017 erfährt, ob er die Spielhalle weiterbetreiben kann (z.B. wenn es mehrere Spielhallen in einem geringen Abstand wie 250m gibt). Hier muss der Betreiber, auch hinsichtlich möglicher Investitionen, zu einem früheren Zeitpunkt eine Entscheidung über die Zukunft seiner Halle erhalten.
Die Abstandsregelung von Luftlinie 250m von Spielhalle zu Spielhalle verletzt für bestehende Spielhallen die Berufsfreiheit und das Gleichheitsgebot und wird somit als nichtig angesehen. Konkret wird bemängelt, dass es bei Härtegründen keine Befreiungsmöglichkeit von diesem Abstandsgebot gibt. Eine Abstandsregelung auch für bestehende Spielhallen wird allerdings grundsätzlich für zulässig gehalten. Dies würde einen verhältnismäßigen und gerechtfertigten Eingriff in die Berufsfreiheit darstellen, auch wenn es bestehenden Spielhallen eine „Grenze“ setzt. Auch bemängelt das Gericht nicht, dass kein Maßstab vom Landesgesetzgeber vorgegeben wurde, wie eine bestehende „Konkurrenz“ bestehender Spielhallen im Jahre 2017 gelöst werden soll. Dies können die Behörden durch „Auslegung“ des Gesetzes ermitteln.
Weiter verletzt es die Berufsfreiheit, dass der Betreiber einer Spielhalle nach dem LGlüG BW verpflichtet ist, die Personalien der Gäste mit der zentralen Sperrdatei der Länder (welches es zudem in Baden-Württemberg noch gar nicht gibt) abzugleichen. Grund hierfür sei der Umstand, dass dies der Glücksspielstaatsvertrag gar nicht vorsieht. Diese Regelung ist somit ebenfalls nichtig. Zulässig ist allerdings die Pflicht zur Einlasskontrolle, soweit dies dem Jugendschutz dient. Das Gericht hat auch zutreffend festgestellt, dass eine Einlasskontrolle nicht notwendig ist, wenn durch eine Sichtkontrolle zweifelsfrei erkennbar ist, dass der Besucher volljährig ist.
Nicht positiv für Spielhallenbetreiber war aber das Bekenntnis des Staatsgerichtshofes zum Verbot von Mehrfachkonzessionen in einem baulichen Verbund ( § 25 Abs. 2 GlüStV, § 42 LGlüG). Diese Regelung sei zur Bekämpfung der Glücksspielsucht, zum Jugend- und Spielerschutz und zum Schutz vor Begleitkriminalität gerechtfertigt. Auch sei in der Vergangenheit versucht worden die Begrenzung der Spielgeräte auf 12 gem. der SpielVO durch sog. „Verbundspielhallen“ zu umgehen.
Zum Teil wurden die Verfassungsbeschwerden nicht inhaltlich geprüft, sondern als unzulässig abgewiesen. Dies betraf u.a. die Beschwerden gegen das Abstandsgebot zu Kinder- und Jugendeinrichtungen, die Abstandsregelung zu anderen Spielhallen (soweit es sich nicht um bereits bestehenden Spielhallen handelte s.o.) und der Pflicht zur Erstellung eines Sozialkonzeptes. Die diesbezüglichen Rechtsfragen wurden daher nicht vom Staatsgerichtshof beantwortet und es ist weiter offen, ob diese Regelungen verfassungsgemäß sind.
Unser Fazit:
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass das Urteil des Staatsgerichtshofes auf den „ersten Blick“ als positiv erscheint, allerdings bei genauerer Lektüre festzustellen ist, dass entscheidende Fragen entweder nicht oder doch klar negativ (Mehrfachkonzession, Abstandsregelung oder Übergangsregelung) beschieden wurden. Die Hoffnung von vielen Betreibern, dass gerade die so wichtigen Punkte wie Verbot von Mehrfachkonzessionen oder die Abstandsregelung zu anderen Spielhallen gekippt werden, hat sich leider nicht bewahrheitet. Im Ergebnis müssen daher die Betreiber weiterhin um Ihre Konzessionen (zumindest nach 2017) bangen…
Sollten Sie Fragen haben, inwieweit sich das Urteil auf Ihren Fall auswirkt, rufen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.