Nachdem der Gesetzgeber mit dem Glückspielstaatsvertrag Rahmenvorgaben für Spielhallen und vor allem Sportwetten geschaffen hat, versuchen viele Städte und Gemeinden Ihre politischen Wertvorstellungen an der Zielsetzung des Gesetzes vorbei durch eine Verhinderungsplanung zu zementieren. Welche Verteidigungsmöglichkeiten bleiben?
Der Fall: Im Herbst 2012 stellte ein Betreiber Antrag auf Nutzungsänderung hin zu einem Wettbüro mit Verweildauer. Dies lehnte die Stadt Freiburg mit der Begründung ab, dass das Vorhaben den Planungsabsichten der Stadt zuwider laufe. Die Stadt habe einem Aufstellungsbeschluss hinsichtlich eines neuen Bebauungsplans gefasst und zu dessen Sicherung eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB beschlossen.
Nach den Plänen der Stadt Freiburg sollen Spielhallen und Wettbüros zukünftig nur noch in absoluter innerstädtischer Bestlage zulässig sein (im konkreten Fall im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße bis Martinstor und der Rathausgasse) und dies auch nur im Ober-oder Untergeschoss, wobei ein Mindestabstand von 500 Meter einzuhalten ist. Ziel sei es, die anderen Stadtteilzentren vor einem „trading down“ Effekt zu bewahren.
Gegen dieses Vorgehen wehrt sich der Betreiber vertreten durch die Kanzlei Benesch, Winkler nun im Widerspruchsverfahren. Die Zulässigkeit des Vorhabens ergibt sich aus §§ 29, 30 I, II BauGB, § 7 II Nr. 2 BauNVO als Vergnügungsstätte im Kerngebiet des qualifiziert beplanten Innenbereichs.
Der von der Stadt angeführte befürchtete „trading down“ Effekt ist nur schwer nachvollziehbar. Dass wenige Vergnügungsstätten im weiteren Umfeld einen prägenden Einfluss auf das gefestigte Stadtviertel als Ganzes haben, ist nur schwerlich vorstellbar.
Die Rechtmässigkeit der Veränderungssperre nach § 14 BauGB ist zumindest fraglich, da der Planaufstellungsbeschluss ein Mindestmaß der anvisierten Planung erkennen lassen muss. Eine reine Negativplanung ist nicht ausreichend und führt zur Unwirksamkeit der Satzung.
Die Planung der Stadt würde faktisch die Ansiedlung von Wettbüros und Spielhallen unmöglich machen. Dieses Vorgehen läuft dem Ziel des GlüStV, der Schwarzmarktbekämpfung und der Schaffung eines legalen Glückspielangebots, zuwider (§ 1 Satz 1 Nr.2 GlüÄndStV). Eine Ansiedlung in der teuersten Innenstadtlage, wie es die Stadt scheinbar wünscht, ist aufgrund der hohen Mieten in der Fußgängerzone unmöglich. Zudem gibt es auch kein wirkliches Angebot an leerstehenden Ladenflächen.
Zwar regelt der aufgrund einer Novelle des Baugesetzbuches im Jahre 2012 neu eingeführte § 9 Abs. 2b BauGB :
Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um
1) eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder | ||
2) eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten, |
zu verhindern.
Es ist jedoch genau zu prüfen, ob die Voraussetzungen dieser Norm auch tatsächlich vorliegen und eine Verhinderung von Glücksspielstätten im konkreten Fall somit zulässig ist. Es bleibt abzuwarten wie eng oder weit die Rechtsprechung diese Regelung anwenden wird.
Fazit: Immer mehr Städte und Gemeinden in Deutschland versuchen Wettbüros und Spielstätten durch Änderungen der Bebauungspläne, Nichtbescheidung von Bauanträgen oder den Erlass von Veränderungssperren von vorneherein auszuschließen. Die Kanzlei Benesch, Winkler führt z.Z. zahlreiche Verfahren gegen derartige Maßnahmen der Behörden. Spielhallenbetreiber und Betreiber von Wettbüros sollten im Falle einer Verhinderungsplanung der Gemeinde aktiv gegen unzulässige Beschränkungen vorgehen. Ob allerdings juristische Maßnahmen erfolgversprechend sind, muss in jedem Einzelfall gesondert geprüft werden.